Wie bitter es sich rächen kann, im Alter kein eigenes Einkommen zu haben, zeigt sich bei Ute, 65. Weil ihre Eltern darauf drängten, dass sie was „Handfestes“ lernte, absolvierte sie als junge Frau eine kaufmännische Lehre und ließ sich zur Buchhalterin weiterbilden.
Aber richtig begeistern konnte sie sich nie für diesen Beruf. Immer nur im Büro zu sitzen, das war ihr zu langweilig. Wie viel schöner erschien ihr da die Aussicht auf das Leben mit Bernhard, als seine Frau, die Kind, Haus und Garten versorgt. Bernhard verdiente als Maschinenbau-Ingenieur so gut, dass es auch vom Finanziellen her passte.
Ute wusste zwar, dass dadurch ihre Rente entsprechend gering sein würde – monatlich ca. 250 Euro waren das nur. Aber sie war trotzdem guter Dinge, denn ihr Mann konnte mit rund 2.000 Euro rechnen. Und weil das Reihenhaus bis dahin dann längst abbezahlt sein würde, könnten sie wohl auch als Rentnerpaar weiter gut leben.
Diese Hoffnung war allerdings schnell dahin. Kurz nach seinem 70. Geburtstag erlitt Bernhard einen schweren Schlaganfall, der ihn halbseitig lähmte und an den Rollstuhl fesselte. Ute versuchte alles, um ihn rund um die Uhr so gut wie möglich zu versorgen, aber allein schaffte sie es einfach nicht. Und für eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung zu Hause reichte das Geld nicht – trotz Pflegestufe III. Schweren Herzens suchte Ute einen Heimplatz , finanziert durch Bernhards Rente und die gesetzliche Pflegeversicherung. Ein klassisches Beispiel für Armut durch Pflegefall.
Glück im Unglück: Ute musste das Reihenhaus nicht verkaufen, um einen Teil der Heimkosten zu tragen. Sie hat also künftig keine Miete zu zahlen. Trotzdem ist die 65-jährige verzweifelt. Sie wird die staatliche Grundsicherung beantragen müssen, weil ihre 250 Euro Rente nicht reichen. Das einzige Kind, Tochter Maja, ist Künstlerin und lebt auf Mallorca. Sie kann von ihrem Einkommen kaum selbst leben, geschweige denn die Mutter unterstützen.
So makaber es klingt: Ute dürfte es finanziell erst wieder besser gehen, wenn ihr Mann nicht mehr lebt und sie die Witwenrente bezieht.
Quelle: Helma Sick & Renate Schmidt: Ein Mann ist keine Altersvorsorge, 3. Auflage, Seite 126